3 FRAGEN
5 MENSCHEN

Nicht lernen geht nicht. Wie wir lernen, was wir lernen und was wir noch lernen werden, macht uns und unser Leben aus.
Grund genug, danach zu fragen, was Menschen dabei wichtig ist. Und sich diese Fragen selbst zu stellen… :

 

Was ist das Wichtigste, das du in deinem Leben gelernt hast?

 

Wie hast du das gelernt?

 

Was ist das Wichtigste, das du in deinem Leben noch lernen willst?

BRIGITTE KOPPENHÖFER

ehemalige Richterin und Lehrbeauftragte der Fakultäten für
Wirtschaftswissenschaft und Kulturreflexion.

www.uni-wh.de/stories/brigitte-koppenhoefer/

„Ich segle mit Leidenschaft. Hier hört das Lernen nie auf. Wind, Boot, Wellen, Strömung und die Fähigkeiten der Crew müssen immer aufein­ander abgestimmt werden. Falsches Verhalten führt sofort und unmittelbar zur Abweichung des optimalen Kurses oder im schlimmsten Fall zum Kentern. Wir können immer weiter lernen. Das ist das wichtigste, das ich dabei gelernt habe: Nie mit dem Lernen aufzuhören! / Ich lerne eher durch Erleben, Zuhören und Zuschauen als durch abstrakte Regeln. Mein Hirn kann ich durch Belohnungen stimulieren, indem mir Erfolge eine gute Stimmung verschaffen. Eine Regatta zu gewinnen – oder zumindest nicht die Letzte zu sein – schafft im Hirn deutlich mehr neuen Platz als das Lernen für die diversen Segelscheine. Das Vorgehen bei einem Funkspruch im realen Notfall vergesse ich nie; die theoretischen Erkenntnisse beim Funkschein ganz schnell. / Die Welt ändert sich stündlich; daran muss und darf ich mich lebenslang anpassen und immer wieder neu ausrich­ten. Ich kann neue Fakten sammeln, neue Bewegungsabläufe üben und neue Handlungsstrategien entwickeln. Was ich davon noch brauchen werde,weiß keiner. Deswegen möchte ich meine Neugier behalten und ausbauen.“

JEREMY STOCKWELL

BBC, Royal Academy of Dramatic Art, freelance theatre maker

www.jeremystockwellcoaching.com

“The concept of interconnectedness danced about my childish mind since listening to Within You Without You on the Beatles’ Sargent Pepper album in 1967. That year I was 8. My Mother took me to a party in London – and things changed. When I was too shy to dance she said, ‘Let yourself go!’ What was the Self I had to let go in order to dance freely like the other kids? The question stuck with me. It’s 1999 and I’m 40, atop a mountain at a Zen Temple in Kyoto. ‘The Western perception of Self is two eyes looking out of a bag of skin,’ laughed my Sensei. ‘And that’s the big illusion of Ego. Ego exists no more than Time.’ Soon after, I woke up to interconnectedness and inter-being. We are all each other. The trees are our external lungs. We and the planet are 80% water. We are the Big Bang still echo­ing out. If the bees die we’re all dead. Reality is interbeing in the perpetual and timeless state of now. I’ve worked and played with this understanding for years. Such awareness serves me well. I am 60. Now I’d like to learn to let go – to come away from all I think I know. Even this. To trust to Shoshin – a Japanese word meaning Beginner’s Mind. In the beginner’s mind there are many possibilities. In the expert’s mind there are few. By letting go we have it all. Thought is abstract. Sense is concrete. So, perhaps to dwell on this – sometimes you need to go out of your mind, in order to come to your senses.”

PROF. DR. ANJA EHRHARDT

Lehrstuhl für Virologie und Mikrobiologie an der Fakultät für Gesundheit der UW/H.

www.uni-wh.de/gesundheit/department-fuer-humanmedizin/lehrstuehle-institute-und-zentren/lehrstuhl-fuer-virologie-und-mikrobiologie/

„Das wichtigste Lernergebnis meines Lebens? Geduldig zu sein. Rückschläge hinzunehmen. Offen für Veränderun­gen zu bleiben. Nie zu glauben, dass man ausgelernt hat. Hätten Sie mir vor zehn Jahren gesagt, dass ich einmal For­schungsdekanin an unserer Universität sein werde, hätte ich Ihnen das nicht ge­glaubt. Es kamen immer neue Aufgaben dazu, die mich vor ungeahnte Heraus­forderungen gestellt haben. / Das breite naturwissenschaftliche Basiswissen haben ich mir an der Universität ange­eignet. Aber alles andere habe ich im Selbststudium gelernt und über die Zeit Erfahrungen gesammelt: Personalführung, Pädagogik, die Verwaltung von For­schungsgeldern und vieles mehr…
Alles Learning by Doing. Oft bleibt da gar nicht die Zeit, rechtzeitig vorher an ent­sprechenden Schulungen teilzunehmen. /
Wie wir alle wissen, ist in meinem Fach­gebiet, der Virologie, derzeit einiges in Be­wegung. Genauso auf dem Gebiet der Gentherapie. Hier möchte ich noch viel lernen und verstehen.“

PROF. DR. JÜRGEN WERNER

Honorarprofessor am Zentrum Studium fundamentale, Arbeitsbereich Philosophie

juergen-werner.com

www.uni-wh.de/detailseiten/kontakte/juergen-werner-2320/f0/

„Wo wollen Sie denn hin? Sie haben ja nicht einmal gelernt, wie man richtig arbeitet.“ Gerade hatte ich dem Kollegen in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung verraten, dass ich die Redaktion nach sechzehn Jahren verlassen werde. Im Gestus wohlgesonnener Selbstgewissheit erwiderte er, dass man den schönsten Beruf der Welt, den Journalismus, nicht an den Nagel hängt, der alles ist, nur nicht Arbeit. Darum ging es: Routinen ge­zielt zu vergessen, um vieles angehen zu können, als sei es noch nie behandelt worden. Mein Philosophiestudium hatte das gefördert. Es zielte nicht auf Karriere.
Aber sorgte für den heimlichen Wunsch, irgendwann so klug zu sein, dass mich niemand versteht. So musste ich lernen, wenigstens klug genug zu sein, verständlich zu schreiben. Lernen bedeutet, Lust zu entwickeln auf einen Menschen, der man noch nicht ist und doch immer schon war. Und neugierig zu sein auf eine Welt, die man noch nicht sieht, aber immer schon kennt. Das ist eine Haltung, die den Fragen den Vorrang einräumt vor den Antworten. Ein Lehrer kann da – stören: sofern er erklärt, statt zu handeln, vorwegnimmt, was sich entwickeln will, die Didaktik besser beherrscht als die Dialektik des Lebens. Man mag diese Einstellung „naiv“ schelten. Wenn Un­bedarftheit aber bedeutet, sich nicht gleich auszudenken, wie eine Sache ausgeht, bevor sie anfängt, dann ist sie die Grund­voraussetzung des Lernens. Philosophie ist reflektierte Naivität, ein Oxy­moron. Alles klar? Nein. Aber so könnte man beginnen.“

PROF. DR. MARCEL HÜLSBECK

Akademischer Direktor der Fakultät für Wirtschaft und Gesellschaft, WIFU-Stiftungslehrstuhl für Management von Familienunternehmen

www.uni-wh.de/detailseiten/kontakte/marcel-huelsbeck-2269/f0/

„Erkenne Dich Selbst” lautete eine berühmte Inschrift am Apollon-Tempel in Delphi. An dieser Selbsterkenntnis beständig zu arbeiten ist für mich die basalste und deshalb wichtigste Lernerfahrung. Bewusst begonnen hat diese Lernreise für mich durch die frühe Beschäftigung mit fernöstlichen Philosophien und Praktiken, insbesondere Taoismus und Zen. Dadurch habe ich gelernt, das eigene Selbst nicht zum Zentrum meines Weltbildes zu machen. Später habe ich dann im Rahmen meiner psychodynamischen Ausbildung über viele Jahre an einer gruppenanalytischen Selbsterfahrungsgruppe teilgenommen. Die eigene Wirkung auf andere von diesen beständig zurückgespiegelt zu bekommen, ist eine sehr intensive Erfahrung, die einen ein Leben lang begleitet. Natürlich ist ein solcher Pro­zess nie vorbei, deshalb möchte ich weiter lernen, der Mensch zu sein, der ich sein will, und nicht der, den andere gerne in mir sehen möchten.“