© STIFTUNGSGRÜNDER WERNER RICHARD VOR DEM BILD DR. CARL DÖRKENS

Förderung
der
Zukunft

Werner Richard –
Dr. Carl Dörken
Stiftung

Interview mit Dr. Jochen Plaßmann,
Gesprächführung von Claus Volkenandt und Katja Weber

Die in Herdecke ansässige Werner Richard – Dr. Carl Dörken Stiftung ist seit 1990 bis heute eine der wichtigsten Förderinstitutionen der Universität Witten/Herdecke und insbesondere des Studium fundamentale. Dr. Jochen Plaßmann, langjähriger Stiftungsvorstand, hat uns erzählt, wie die Zusammenarbeit damals begann, warum sie auch in Zukunft fortgesetzt werden sollte und welche Themen und Potentiale er für die weitere Entwicklung des STUFU für wichtig erachtet. Viele seiner Einsichten, Erfahrungen und Geschichten aus der Zeit des Förderns und Zusammenwirkens können an dieser Stelle nicht berichtet werden. Ein Grund mehr, das Gespräch und den Austausch lebendig zu halten.

„Man muss die Bereitschaft entwickeln, sich zunächst einmal auf etwas einzulassen“

Dr. Jochen Plaßmann

 

Herr Plaßmann, wie ist der Kontakt zur Universität Witten/Herdecke bzw. dem Studium fundamentale entstanden? 

Die Gründung der Universität Witten/Herdecke Anfang der 1980er Jahre ist von Herdecke aus schon immer sehr gut mitverfolgt worden. So fingen wir zunächst an, einzelne Dis­sertationen zu fördern, beispielsweise für Musiktherapie. Dann kam Anfang der 1990er Jahre der Gedanke auf, dass, wenn wir Musik fördern, das Stiftungsvermögen aber aus einer Farbenfabrik stammt, der Fokus zukünftig auch auf bildende Kunst gerichtet sein sollte.

Die Idee, speziell das Studium fundamentale zu fördern, lag für mich ebenfalls nahe, weil ich im Winter 1962/1963 an der Universität Innsbruck an einem gleichnamigen Kurspro­gramm teilgenommen hatte.

Warum denken Sie, ist das Studium fundamentale für die Werner Richard – Dr. Carl Dörken Stiftung förderungswürdig?

Aus diesen Innsbrucker Erfahrungen heraus zeichnete für uns das Studium fundamentale die UW/H aus. Man will keine Fachidiot*innen, die eben nur Zähne ziehen, oder Betriebswirt*innen, die nur in Profiten denken. Wir dürfen ja nicht ein­fach nur Ausbildung fördern, sondern wir müssen Wissenschaft fördern.
Ich selber habe dann, nachdem ich bei der Firma Dörken aus­geschieden bin, vor ungefähr zehn Jahren an einer Studien­reise nach Syrien teilgenommen. Diese hat mich dann letzt­lich überzeugt, dass die Förderung des Stufu wirklich vernünftig ist. In den Ruinen von Palmyra eine Pflegewissenschaft­lerin über den Karawanenhandel von vor 2000 Jahren re­ferieren zu hören, oder einen Mediziner über die Kunst der Graffitis – Es war wirklich beeindruckend, was an Inter­essenspektren der Studierenden dabei herauskam.

Das ist also unsere Position. Wir wollen den Horizont für die Studierenden erweitern, damit diese ein bisschen über ihren Tellerrand hin­ausgucken können. Das Wissen, das man sonst ir­gendwo vermittelt bekommt, ist vergänglich.
Vielmehr muss man systematisch lernen, wie man irgendwas sortiert, wie man bestimmte Dinge angeht. Zudem finde ich, dass das Stufu neugierig machen muss. Man muss die Bereitschaft ent­wickeln, sich zunächst einmal auf etwas einzulassen. Auch wir versuchen, die Leute daraufhin zu bewegen, zunächst einmal kein blitzartiges, vor­schnelles Urteil zu fällen.

Was wünschen Sie sich in Zukunft vom und für das Stufu? 

Ich wünschte, dass das Studium fundamentale von allen Studierenden wirklich wertgeschätzt wird. Außerdem finde ich, dass es weiterhin Wissensvermittlung betreiben sollte. Das habe ich seinerzeit einmal angeregt. Meiner Meinung nach müsste im Stufu daher auch eine Einführung in das deutsche Recht gelesen werden. Ein paar Grundkenntnisse finde ich da jedenfalls ganz dienlich. Und ein bisschen Geschichte. Entwicklungsgeschichte von allem Möglichen, unter allen denkbaren Aspekten. Ob das jetzt beispielsweise die Bewältigung unserer Nachkriegsgeschichte ist, oder ob das die Nachwirkungen von anderen Geschichten sind. Dass man jedenfalls ein gewisses Verständnis weckt.
Zudem gibt es ja eine jede Menge Vorurteile. Anschauungen, wo wir unser eigenes Bild auf eine andere Situation über­tragen. Und das führt häufig zu Fehleinschätzungen. Dass man diese Bilder, die wir mit uns tragen, mal hinterfragt, das fände ich auch etwas, das man im Stufu lernen könnte. Vielleicht kann ich es ja noch einmal andersherum aufgreifen: Unsere Rechtsordnung ist eine in Paragrafen gegossene Ethik. Wenn man nur mal sieht, wie sich diese Rechtsordnung zwischen Beginn meines Studiums 1962 und heute verändert hat, dann zeigt sich daran auch die Veränderung der Gesellschaft. Diesen Wandel kann man feststellen, aber ich glaube, dass man dann auch den Blick in die Zukunft richten muss. Denn das, was wir heute für gesetzt halten, wird sich auch zukünftig wieder verändern.