Text von Renate Buschmann und Larissa Mendel, Hanna Gottschalk, Pauline Warneboldt, Anna Schweizer
Künstlerische
Selbstexperimente
vor und
mit der Kamera
Im SoSe2020 habe ich das Stufu-Seminar „Ich bin hier. Künstlerische Selbstexperimente vor und mit der Kamera“ geleitet.
Die Hochkonjunktur um das mediale Ego war für mich der Anlass, den Blick auf die Videokunst und ihre Weiterentwicklung bis heute zu lenken, denn seit ihren Anfängen in den 1970er Jahren haben Künstler*innen bewusst die Beobachtungsposition hinter der Kamera verlassen, um sich auf den exponierten Platz vor der Kamera zu begeben. Damals war es die sich allmählich verbreitende Videotechnik, die Künstler*innen die Möglichkeit eröffnete, sich selbst zur Schau zu stellen: den eigenen Körper, die eigene Handlung, die eigene Identität. Videokunst ist heute das Gedächtnis dieser performativen und medialen Selbstexperimente und -reflexionen.
Mit der heutigen Selfie-Kultur ist die Lust an der eigenen Präsenz vor der Kamera und in digitalen Medien populär geworden. Der Selfie-Boom hat viele erwischt. Kaum jemand kann der Faszination widerstehen, das Smartphone auf sich selbst zu richten und mit einem Foto oder Video Teil der Social-Media-Welt zu werden. Der Trend zur permanenten, bisweilen geradezu makellosen und idealisierten Selbstdarstellung und Selbstbestätigung ist verlockend und immer verbunden mit der Erwartung des Feedbacks der Anderen: „Schaut her, hier bin ich! Schaut her, da war ich! Schaut ihr mir zu, dann bin ich lebendig!“
Im Seminar haben wir uns auf künstlerische mediale Selbstinszenierungen von den 1960er Jahren bis in die Gegenwart konzentriert und sie mit Kunsttheorie in Verbindung gebracht. Vier Studierende hatten daraufhin Lust am Selbstexperiment und haben künstlerische Konzepte für Videos entworfen und realisiert. Zum Abschluss des Seminars hatten die Studierenden Gelegenheit, ihre Projekte mit der Künstlerin Freya Hattenberger zu besprechen.