UNIKAT

Open Stage

für Autonomes

Lernen

Text von Johannes Wiek und Sebastian Benkhofer, Foto von Dana Sophie Schmidt/Franka Weinzerl
Gespräch mit Julian Seitlinger

Das UNIKAT – die langjährige Event- und Partyzone der UW/H –  hat einen prominenten Ort gefunden: Mitten in der Wittener Innenstadt, mit offenen Glasfronten, über 1.200 Quadratmetern Fläche, flexiblen Bühnen- und Veranstaltungsbereichen, endlosen Wänden für Ausstellungen und Inszenierungen aller Art… Ein idealer Ort, um zu erleben, was geschieht, wenn man macht, worauf man Bock hat – und zwar gemeinsam. Julian Seitlinger, Student PPÖ und seit Mai 2019 Kommunikations­vorstand des studentischen Kulturzentrums in der unteren Wittener Fußgängerzone, erzählt.

„Lernen ist eigentlich alles, worum sich das UNIKAT dreht. Bei allem, was wir hier tun, geht es um den Spaß an der Sache und die Erfahrungen, die wir dabei machen. Das ist selbst­verantwortliches, kollaboratives Lernen in Reinkultur. Über 35 Studierende sind gerade im UNIKAT aktiv. In fünf Ressorts: Veranstaltungen, Gebäudemanagement, Teamentwicklung, Finanzen und Kommunikation.

„Das Unikat ist eine große Spielwiese, die daraus besteht, was wir darauf organisieren.“

Wir alle haben hier als unerfahrene Studis angefangen. Ich hab mich am Anfang einfach mal bei einer Veranstaltung hinter die Theke gestellt. Dann hat das bei mir gegriffen – und ein halbes Jahr später hatte ich schon einen Teil der Verantwortung. Hier gibt es eine Dynamik zwischen den Leuten, die alle ganz verschie­dene Sachen draufhaben, die man voneinander lernen kann. Einer kennt sich mit Finanz- und Rechtsfragen aus. Der andere hat Erfahrung als Stuckateur und hat allen gezeigt, wie man Wände ordentlich verputzt. Die nächste kennt sich mit Methoden der Teamorganisation und Zusammenarbeit aus. Und ich habe überhaupt erst entdeckt, welchen Spaß ich an Grafikdesign habe, wenn ich die Veranstaltungsplakate entwerfe.

An einen Abend haben wir zusammen im Garten gesessen, Wassermelone gegessen und an einem Förderantrag gearbeitet. Da hat einer von uns, der vorher Architektur studiert hat, auf einmal etwas aus einem Architekturbuch über Städte der Zukunft vorgelesen, über das Quartierzentrum ABC. Und auf einmal war uns klar, was wir hier für einen Ort schaffen wollen. Diese Zufälle und diese Vielfalt der Impulse – die machen es aus.  Das ist eine Art des Lernens, die irgendwie cool ist. Und wo sonst kann man denn so etwas neben dem Studium schon lernen?

„Etwas aufzubauen, was sich sehen lassen kann, ist gar nicht so leicht.“

Die freie Zusammenarbeit von 35 Leuten ist definitiv eine der größten Herausforderungen. Nicht jeder soll das gleiche Denken oder das gleiche Ziel vor Augen haben. Aber die Sichtweisen müssen aufeinander aus­gerichtet sein. Es geht um viel Verantwortung. Wir sitzen hier ja tatsächlich im Glashaus. Jeder in der un­teren Bahnhofstraße sieht das Unikat und sieht auch ins Unikat.

Obwohl das unter Corona-Bedingungen nicht ganz ein­fach war, haben wir in der letzten Zeit viel auf die Beine gestellt – z. B. das Überraschungsevent Kulturblinddate mit Jason Pollux, in Kooperation mit dem Wittener Saalbau. Unsere Livestream-Kochshow. Dann den coronasicheren Bierabend „Windowhopping“, bei dem wechselnde Dreierteams von Fenster zu Fenster der vielen teilnehmenden Wittener Cafés, Gaststätten und Kneipen gezogen sind – um auch in diesen Isolationszeiten Kontakte zu knüpfen. Und dann gab es noch DJ-Livestreams und -Konzerte mit regionalen Bands, die auch in Pandemie-Zeiten unbedingt Lust hatten, etwas zu machen. Genauso wie wir.

Wo wir als UNIKAT hinwollen? Wir wollen, dass dieser Ort eine Strahlkraft in der Wittener Innenstadt bekommt. Wir wollen als Ort der Möglichkeiten Menschen anregen, verbinden, unterstützen und in die Zusammenarbeit bringen. Und wir wollen ein Ort sein, an den Menschen, neben ihrem Zuhause und ihrem Arbeitsplatz, gerne kommen. Das ist die Idee, die uns vereint. Wer im Unikat mitmacht, möchte einen Kulturort mitgestalten. Wie das geht, ist die Frage, mit der wir uns am häufigsten beschäftigen.

Wie schaffen wir es, das, was Einzelne verwirklichen wollen, für alle zusammenzuhalten? Wie wollen wir dafür zusammenar­beiten? Wie wollen wir Dinge in die Welt bringen? In welchen neuen Formen der Organisation wollen wir das tun? Das sind ganz wichtige Lebenslernfragen, die viele Studierende heute be­schäftigen. Wir sind dafür ein Erfahrungsraum.“

„Wir wollen sicht­bar sein, ansehnlich, unübersehbar.“

Kim Jana Degen, Gabor Doka, Fred Frohofer, Thomas Gröbly, Silke Helfrich, Andreas Hofer, Werner Vontobel, Hans E. Widmer: „NACH HAUSE KOMMEN – Nachbarschaften als Commons“, Verein Neustart Schweiz (Hg.), Zürich, 2016