NETZWERKE ALS KULTURELLER WERT IM KUNSTBEREICH

Text von Klaas Werner

Das medienwerk.nrw ist seit 20 Jahren ein Netzwerk für Akteur*innen der Medienkunst in Nordrhein-Westfalen. Institutionen und Initiativen finden hier zusammen, um der Medienkunst ein stärkeres Gewicht in der nordrhein-westfälischen Kulturlandschaft zu verschaffen.

Seit 2015 arbeite ich für das Büro medienwerk.nrw. Es versteht sich als Schnittstelle zwischen Kunstinstitutionen, Medienkünstler*innen und Förderinstitutionen sowie als Scharnier zum Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW (MKW). Es ist die Koordinationsstelle des Netzwerks medienwerk.nrw, das 2020 sein 20-jähriges Bestehen gefeiert hat. Anlässlich des Jubiläums kam die grundsätzliche Frage auf: Wann beginnt ein Netzwerk zu funktionieren? Wie werden aus einzelnen Punkten Knotenpunkte? Wie wird aus etwas Losem Festes?

Die Frage nach dem Ursprung eines Netzwerks scheint auf technischer Ebene, wenn schon nicht trivial, so immerhin möglich. Zu einem bestimmbaren Zeitpunkt wurden mehrere Computer miteinander verbunden und es begann ein Datenaustausch. Vorformen des Internets, wie das ARPANET in den USA und Cybersyn in Chile, sind bekannte Beispiele. Diesem Moment der Umsetzung gingen Gedanken, Diskussionen und Planungen voraus, wie zum Beispiel die Idee des Intergalactic Computer Network, die J. C. R. Licklider in den 1960er Jahren verfolgte. Die Entstehung solcher Computernetze verdankt sich im konkreten Fall des bereits bestehenden Telefonleitungsnetzes, aber auch der diskursiven Verflechtungen in Wissenschaft und Militär sowie den beruflichen und privaten Kontakten von handelnden Personen. Diesem Netzwerk von Kontakten einen Ursprung zuzuweisen, ist jedoch unmöglich oder zumindest in jedem Einzelfall unterschiedlich.

Die Frage nach dem Ursprung der ersten Verbindungen des Netzwerks für Medienkunst und digitale Kultur in Nordrhein-Westfalen, dem medienwerk.nrw, ist ebenso schwierig zu beantworten. Es handelte sich anfangs um einen informellen Verbund − ohne offizielles Gründungsdatum und ohne Eintrag im Vereins- oder Handelsregister. Bis heute strukturiert sich die Zusammenarbeit der Netzwerkpartner*innen auf der Basis des Informationsaustauschs und der Initiative. Kulturelle Akteure, vom kleinen gemeinnützigen Verein über große Museen, Kunstvereine, Theater und Produktionshäuser, Festivals, Archive und Hochschulen tauschen sich über das aktuelle Geschehen aus und finden anlassbasiert zusammen, um Initiativen zu starten. Dabei spielten in der Gründungszeit, wie auch heute, Vertreter*innen des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW genauso eine Rolle wie engagierte Direktor*innen und künstlerische Leitungen unterschiedlicher Kulturinstitutionen. Gemeinsames Ziel war und ist die nachhaltige Weiterentwicklung bestehender Strukturen im Bereich der Medienkunst und die Profilierung des Medienkunststandorts Nordrhein-Westfalen. Vor allem zur Jahrtausendwende ging es darum, der Medienkunst zu kulturpolitischer Anerkennung zu verhelfen. Um diese Bemühungen sichtbar zu machen und ihnen einen Namen zu geben, entstand das medienwerk.nrw.

Innerhalb von konkreten Vorhaben, durch persönliche Kontakte und Neugründungen von Einrichtungen erweiterte sich das Netzwerk und bildete neue Knotenpunkte. Verändert sich die Interessenslage der Akteure und die Zusammensetzung der dort handelnden Personen, werden Knotenpunkte stumm, reagieren nicht mehr und leiten daher keine Informationspakete weiter. So verändert sich das Netzwerk in Schüben, in verschiedenen Tempi und anlassbezogen. Gerade der Kulturbereich ist von Veränderungen geprägt. Ständig entstehen neue kulturelle Praxen, wechseln handelnde Personen, werden Förderschwerpunkte verlagert. Somit ist es eine große Besonderheit, dass das medienwerk.nrw über 20 Jahre zu einem stabilen Netzwerk geworden ist.

Ein stabilisierender Faktor war und ist dabei der HMKV – Hartware MedienKunstVerein in Dortmund, der seit der Gründung Teil des Netzwerks ist. Der Verein übernahm bereits früh organisatorische Aufgaben und war an der Einrichtung des 2013 neu geschaffenen Büro medienwerk.nrw maßgeblich beteiligt. Mit dem Büro als Schnittstelle hat sich die Organisationsstruktur des Netzwerks verändert, denn es bündelt Informationen, leitet sie zielgerichtet weiter und aktiviert das Netzwerk regelmäßig. Doch maßgeblich bleibt die aktive Mitarbeit der Knotenpunkte, ohne die jede Arbeit ins Leere liefe.

Der Wert der Vernetzung liegt darin, dass aus einem Nebeneinander der Netzwerkpartner*innen ein Miteinander wird. Gemeinsam, aber auch individuell entwickeln sie Programme und Projekte an verschiedenen Orten in NRW, die sich zum Beispiel der Erforschung unserer technologisierten Gegenwart widmen: durch themenspezifische Kunstprojekte, Ausstellungen, Konferenzen, Workshops, Festivals sowie in künstlerischer Ausbildung, Forschung, Lehre und Archivarbeit – gleichermaßen im Bereich der bildenden Künste, des Films wie auch der darstellenden Künste, der Musik und in weiteren Sparten. Ihre Arbeit schafft Anlässe zur Reflexion über das Verhältnis von Kunst, Technologie und Gesellschaft und gestaltet gemeinschaftliche Zukünfte. Das Netzwerk, das dies ermöglicht, ist stabil – und wird es bleiben.

Insbesondere heute, in der Zeit einer Pandemie, die für viele Künstler*innen große Unsicherheiten bedeutet, ist Netzwerkarbeit von besonderem Wert. Seit Beginn des Jahres betreut das Büro medienwerk.nrw die neuen Förderprogramme für Projekte der Medienkunst und digitalen Kultur MEDIENKUNSTFONDS und MEDIENKUNSTFELLOWS. Insgesamt stellt das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen dafür 940.000 Euro zur Verfügung. Der Call for Projects läuft, Anträge sind wieder zum Ende des Jahres möglich!

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Der Lehrstuhl für Digitale Künste und Kulturvermittlung an der UW/H (Prof. Dr. Renate Buschmann) ist Mitglied im medienwerk.nrw

Hier kann man sich direkt mit dem Medienwerk.nrw verbinden und mehr erfahren:
medienwerk-nrw.de
+49 (0) 231 1373 46 83
info@medienwerk-nrw.de 

Ein wichtiger Meilenstein in der Entwicklung des Netzwerks war die ISEA2010 RUHR, 16th International Symposium on Electronic Art, die vom medienwerk.nrw ausgerichtet wurde, als das Ruhrgebiet 2010 Kulturhauptstadt Europas war
isea-archives.org/docs/2010/program/ISEA2010_Programme.pdf

KLAAS WERNER

Klaas Werner ist stellvertretender Leiter des Büro medienwerk.nrw, das die Tätigkeiten des Netzwerks koordiniert.